Nachträgliche Änderungen im Testament — Formvorschriften und Stolperfallen
Wenn das Testament nicht mehr zum Verfasser oder zu den Lebensumständen passt, kommt der Wunsch auf, nachträglich Änderungen vorzunehmen. Grundsätzlich ist jedes Testament änderbar. Die zulässige Vorgehensweise hängt jedoch davon ab, wie die Nachlassangelegenheiten geregelt wurden. Unsere Experten für Erbrecht und viele weitere Fachgebiete unterstützen Sie gerne.
Was ist ein Testament?
Wer seinen letzten Willen für den Todesfall hinterlegen will, setzt ein Testament bzw. eine letztwillige Verfügung auf (§ 2247 BGB).
Darin wird bestimmt, wer das Vermögen erben soll (Geld, Mobiliar, Immobilien und sonstige Vermögenswerte).
Es besteht keine Pflicht, ein Testament aufzusetzen. Der sogenannte „letzte Wille“ bietet aber die Chance, die Erben selbst auszusuchen.
Dazu gehören ggf. auch Ersatzerben, falls ein Erbe vor dem Erblasser stirbt (§ 2096 BGB).
Besteht kein Testament, erfolgt die Verteilung nach der „gesetzlichen Erbfolge“. Danach erben die engsten Verwandten, allen voran die Kinder und der Ehepartner. Kinderlose Erblasser werden von den Eltern beerbt. Sind diese verstorben, erben die Geschwister bzw. Tanten und Onkeln.
Wer darf den letzten Willen aufsetzen oder ändern?
Das (geänderte) Testament kann durch jede testierfähige Person notariell oder eigenhändig verfasst werden. Zur Wirksamkeit bedarf es der Voraussetzungen aus § 2247 BGB ein eigenhändiges Testament betreffend und § 2232 BGB ein notarielles Testament betreffend.
Testierfähig ist jeder ab dem 16. Lebensjahr. Die Testierfähigkeit stellt einen Unterfall der Geschäftsfähigkeit dar, ist allerdings selbstständig geregelt (§ 2229 Abs. 4 BGB). Minderjährige können ein Testament nicht eigenhändig errichten, sondern nur im Rahmen der notariellen Beurkundung (§ 2247 Abs. 4 BGB).
Anlässe für die Anpassung des Testaments können sein:
- Veränderungen in den persönlichen Umständen
- Familiäre Veränderungen
- Erwerb neuer Vermögenswerte
Was muss bei der Änderung eines Testaments beachtet werden?
Die Regeln zur Änderung und Ergänzung eines Testaments sind abhängig davon, ob es sich um ein eigenhändiges, notarielles oder gemeinschaftliches Testament handelt. Um Missverständnisse und Unklarheiten zu vermeiden, sollte ein Experte für Erbrecht prüfen, wie die gewünschten Änderungen rechtssicher durchgeführt werden.
Wenn sich zwei oder mehr Versionen des letzten Willens widersprechen, gilt grundsätzlich die jüngste Fassung.
Privatschriftliches (eigenhändiges) Testament
Der Verfasser kann ein privatschriftliches Testament jederzeit per Hand direkt im Text ändern. Ausgedruckte, per Maschine geschriebene oder von Dritten verfasste Änderungen sind unwirksam. Zur besseren Übersichtlichkeit ist es empfehlenswert, keine Streichungen vorzunehmen.
Alle Änderungen sind mit ihrem Datum unter oder neben dem Text aufzuführen. Bei umfangreichen Änderungen ist ein neues Testament meist vorteilhafter.
Für die Wirksamkeit des geänderten Testaments ist die Unterschrift unterhalb des vollständigen Textes entscheidend.
Es sollten sich keine weiteren Textpassagen unterhalb der Signatur befinden.
Wird das eigenhändige Testament beim Nachlassgericht verwahrt, kann es jederzeit zurückgefordert und nach erfolgter Änderung wieder dort hinterlegt werden.
Notarielles Testament
Der Notar beglaubigt ein notarielles oder öffentliches Testament und übergibt es zur amtlichen Verwahrung. Sobald es zurückgefordert wird, gilt es als widerrufen und muss neu aufgesetzt werden (§ 2256 BGB). Verzichtet der Verfasser darauf, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft.
Alternativ besteht die Möglichkeit, das verwahrte Testament durch eine zweite letztwillige Verfügung (privatschriftlich oder notariell) zu ergänzen.
In der Ergänzung sollte ausdrücklich auf das schon bestehende Testament verwiesen werden. Zudem muss eindeutig daraus hervorgehen, welche Punkte der ersten Fassung modifiziert werden.
Der Nachtrag wird notariell beurkundet und sollte der Übersichtlichkeit halber zusammen mit dem ersten Testament amtlich verwahrt werden.
Gemeinschaftliches Testament
Ein gemeinschaftliches Testament wird unter Eheleuten oder eingetragenen Lebenspartnern erstellt. Es kann als eigenhändige oder notarielle letztwillige Verfügung errichtet werden. Um den überlebenden Partner abzusichern, wird meist ein „Berliner Testament“ verfasst, mit dem sich die (Ehe-)Partner gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Die Kinder erben erst, wenn beide Partner gestorben sind.
Probleme entstehen meistens dann, wenn ein oder beide Verfasser Änderungen oder den Widerruf des Testaments wünschen:
- Änderungen: Um es zu ändern oder zu ergänzen, bedarf es bei einem gemeinschaftlichen Testament zu Lebzeiten der gemeinsamen Zustimmung und der Unterschriften beider (Ehe-) Partner.
- Gemeinsamer Widerruf: Entscheiden sich die Verfasser, das Testament ganz oder in Teilen zu widerrufen, müssen sie dazu ein neues Testament oder eine Widerrufserklärung vorlegen (§ 2271 BGB). Der Widerruf ist notariell zu beurkunden. Auch die einvernehmliche Vernichtung der Testamentsurkunde gilt als Widerruf.
- Einseitiger Widerruf zu Lebzeiten: Möchte nur ein Partner das gemeinschaftliche Testament widerrufen oder ändern, muss er beim Notar eine Widerrufserklärung einreichen. Der Notar stellt diese dem zweiten Partner zu.
- Einseitige Änderungen oder Widerruf nach Todesfall: Das Testament muss eine Öffnungs- oder Änderungsklausel enthalten, damit man es nach dem Tod des Partners anpassen darf. Andernfalls sind Änderung und Widerruf sogenannter „wechselbezüglicher Verfügungen“ nicht zulässig. Wechselbezüglichkeit bedeutet, dass bei Nichtigkeit oder Widerruf einer Verfügung zugleich eine andere unwirksam wird, da beide in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen (§ 2271 BGB).
Fehlt ein Änderungsvorbehalt in der letztwilligen Verfügung, ist der überlebende Ehegatte an das gemeinsame Testament gebunden.
Der Schlusserbe stimmt der Änderung im Rahmen eines notariell beglaubigten „Zuwendungsverzichtsvertrages“ zu.
Stolperfallen bei testamentarischen Änderungen
Testamente und deren Änderungen und Ergänzungen sollten gut durchdacht und im Idealfall von einem Experten formuliert werden.
Ansonsten wirken sich Änderungsvorbehalte und Bedingungen für Zuwendungen womöglich anders aus als vom Verfasser geplant.
Ein Änderungsvorbehalt mit Bedingungen kann sich in einem gemeinschaftlichen Testament als nachteilig erweisen.
Fallbeispiel 1:
Die Eheleute hatten dem überlebenden Partner ausdrücklich die Möglichkeit einer Neutestierung eingeräumt.
Allerdings machten sie dieses Recht von „familiären Zuwiderhandlungen“ durch den Sohn abhängig.
Als der Witwer das Testament vor diesem Hintergrund ändern wollte, klagte der Sohn. Das Gericht konnte die als Bedingung geforderten „familiären Zuwiderhandlungen“ des Sohnes nicht erkennen und widersprach einer Änderung des Testaments (OLG Bamberg, 14.10.2020 – 3 W 43/20).
Wenn der Änderungsvorbehalt nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam werden soll, empfiehlt sich die umfassende Beratung und rechtssichere Formulierung durch einen Experten.
Fallbeispiel 2:
Testamente müssen nicht nur inhaltlich, sondern auch formal korrekt verfasst sein:
Die Verfasserin in diesem Beispiel hatte ihre späteren Ergänzungen des Testaments unterhalb des Originaltextes, aber oberhalb einer weiteren Ergänzung unterschrieben. Das Bayerische Oberlandesgericht legte am 29.07.2004 (Az.: 1 Z BR 39/04) fest, dass sich die erforderliche Unterschrift grundsätzlich am Schluss des Textes, d. h. unterhalb aller Änderungen befinden muss.
Ausnahmen sind zulässig, wenn der darunter befindliche Zusatz nur mit dem über der Unterschrift stehenden Text einen Sinn ergibt.
Testamentarische Änderungen erfordern professionelle Beratung durch Fachanwälte
Ein Testament wirksam zu ändern oder zu ergänzen, setzt die Einhaltung formaler und inhaltlicher Bedingungen voraus.
Im Erbfall kann es sonst zu ungeplanten Auslegungen des letzten Willens kommen. Daher sollten sich Erblasser die Unterstützung eines erfahrenen Fachanwalts für Erbrecht sichern.
Am besten prüfen Sie das Testament regelmäßig auf überholte Verfügungen hin.
Die Experten unserer Rechtsanwaltskanzlei übernehmen diese Aufgabe gerne und helfen Ihnen bei Bedarf, das Testament wirksam abzuändern. Um die Anfechtung eines geänderten letzten Willens zu verhindern, sollten Sie Ihre Erben frühzeitig informieren.
Nehmen Sie Kontakt mit uns auf! Wir gewährleisten eine rechtssichere Vorgehensweise und Formulierung.