Exkurs: Erbrechtliche Folgen der deutschen Wiedervereinigung
Der 3.10.1990 ist ein wichtiger Stichtag für das Erbrecht im Staatsgebiet der ehemaligen DDR. Mit diesem Datum ergaben sich gravierende Änderungen. Seit dem 3.10.1990 (Datum der Wiedervereinigung) gelten für das Gebiet der ehemaligen DDR die erbrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Zuvor galten auf dem einstigen Gebiet der DDR die erbrechtlichen Vorschriften des ZGB (Zivilgesetzbuch).
Diese Änderung der Verhältnisse und Rechtsordnung konnten Erblasser in der DDR jedoch nicht vorhersehen. Aus Gründen des Vertrauensschutzes macht das Erbrecht in den neuen Bundesländern, die vor dem Stichtag (3. Oktober 1990) lagen, eine Ausnahme. Die Erbfolge bei Todesfällen in der DDR vor dem 3. Oktober 1990 vollzieht sich gemäß dem Einigungsvertrag weitgehend nach dem dort seit 1976 gültig gewesenen Zivilgesetzbuch (ZGB). Somit werden kraft Gesetzes die erbrechtlichen Verhältnisse dieser Fälle nach altem Recht der DDR abgewickelt.
Wann kommt das DDR-Erbrecht zur Anwendung?
Der Erblasser muss seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf dem Gebiet der DDR gehabt haben und in der Regel vor dem 3.10.1990 verstorben sein, damit das alte Recht zum Tragen kommt. Allerdings gibt es auch Ausnahmen vom Stichtagsprinzip. Fragen der Errichtung oder Aufhebung von Testamenten und Fragen der Bindungswirkung bei einem gemeinschaftlichen Testament können auch dann nach altem Erbrecht der DDR geklärt werden, wenn der Erblasser nach dem 3.10.1990 verstorben ist. Allerdings muss er seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der letztwilligen Verfügung im Staatsgebiet der DDR gehabt haben.
Für nichteheliche Kinder gilt ebenfalls eine Ausnahme vom Stichtagsprinzip. Wenn der Erblasser mit gewöhnlichem Aufenthaltsort in der DDR nach dem 3.10.1990 verstorben und das nichteheliche Kind vor dem 3.10.1990 geboren ist, dann gilt für jene Kinder das alte Erbrecht der DDR. Das liegt daran, dass das ZGB, früher als das BGB im Westen Deutschlands, keinen Unterschied zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern macht. Im Rechtsgebiet der alten Bundesländer erfolgte die erbrechtliche Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder erst zum 1.4.1998.