Rechtsanwaltskanzlei
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Das seit Anfang 2023 geltende Notvertretungsrecht macht die Ehegatten von kranken oder bewusstlosen Partnern zu deren Stellvertretern in Fragen der Gesundheitssorge. Die bis Ende des Vorjahres erforderliche Bestellung zum Betreuer soll damit hinfällig sein. Allerdings hat der Gesetzgeber das Recht an enge Voraussetzungen geknüpft und zeitlich begrenzt.
War ein Ehegatte krankheitsbedingt nicht in der Lage, seine medizinischen Angelegenheiten zu regeln, durfte der Ehepartner bis Ende 2022 nicht ohne Weiteres einspringen. Zuerst musste eine Vorsorgevollmacht oder die Bestellung zum Betreuer vorgelegt werden.
Da schnelles Handeln oftmals dringend geboten ist, hat der Gesetzgeber das Betreuungsrecht reformiert.
Um es vorwegzunehmen: Der Trauschein berechtigt auch weiterhin nicht zur Vertretung des Patienten.
Stattdessen gilt seit dem 01.01.2023 ein gegenseitiges Notvertretungsrecht (§ 1358 BGB):
Das Notvertretungsrecht ist auf sechs Monate begrenzt. Wann diese Frist beginnt, entscheidet der zuständige Arzt.
Voraussetzung dafür ist eine gesundheitliche Notsituation, in der ein kranker oder bewusstloser Ehegatte seinen Willen nicht äußern kann.
Der behandelnde Arzt hat die gesetzlichen Voraussetzungen zu prüfen und zu bestätigen. Fällt die Prüfung positiv aus, händigt er dem vertretenden Ehepartner das ausgefüllte Formular Ehegattennotvertretung aus. Der Ehegatte bestätigt im selben Dokument (= Vertretungsbefugnis), dass keine Ausschlussgründe für die Befugnisse vorliegen.
Wurde bereits ein Betreuer für die Gesundheitssorge bestellt oder eine entsprechende Vorsorgevollmacht erteilt, greift das Notvertretungsrecht nicht. Wäre gemäß Vorsorgevollmacht eine andere Person vertretungsberechtigt, würden sich die Regelungen widersprechen.
Leben die Eheleute getrennt, ist das Recht ebenfalls unwirksam.
Das Notvertretungsrecht erlischt längstens nach sechs Monaten oder wenn die gesundheitliche Notsituation nicht mehr besteht.
Sind die Eheleute grundsätzlich nicht mit dem gegenseitigen Vertretungsrecht einverstanden, steht ihnen ein schriftliches Widerspruchsrecht zu.
Tipp:
Um sicherzugehen, dass dem Arzt der Widerspruch im Notfall bekannt ist, kann das Dokument im
Zentralen Vorsorgeregister hinterlegt werden (gegen Gebühr). Jeder Arzt hat auf das Vorsorgeregister Zugriff.
Der Umfang des Ehegattennotvertretungsrechts erstreckt sich auf alle wesentlichen Maßnahmen der Gesundheitssorge des handlungsunfähigen Partners:
Der Umfang des Notvertretungsrechts ist nicht deckungsgleich mit einer Vertretungsvollmacht. Der vertretende Ehegatte darf lediglich Entscheidungen in Gesundheitsangelegenheiten treffen. Bankgeschäfte, Behördengänge und Versicherungsangelegenheiten werden vom Vertretungsrecht nicht umfasst.
Wenn der Patient keine Vorsorgevollmacht hat und auch nach der Sechsmonatsfrist nicht entscheidungsfähig ist, muss das Betreuungsgericht angerufen werden. Daher empfiehlt es sich, trotz des Notvertretungsrechts eine Vorsorgevollmacht zu erteilen. Diese kann Gesundheits- oder Vermögenssorge und Wohnangelegenheiten abdecken.
Tipp: Damit sich die Inhalte der unterschiedlichen Vollmachten und Verfügungen nicht widersprechen, empfiehlt sich eine umfassende juristische Beratung. Sie erfahren dort alles zu Notvertretungsrecht und individueller Vorsorge.
Meist unerwartet werden Ehegatten vor die Frage gestellt, ob beim Partner oder der Partnerin lebensrettende Maßnahmen, Heilbehandlungen o. ä. durchgeführt werden sollen. Für diese Notfälle wurde das Ehegattennotvertretungsrecht geschaffen.
Konkrete Situationen, in denen es relevant wird, sind beispielsweise:
Auch bei einem akuten Rettungseinsatz, z. B. nach einem Unfall, darf der vertretende Ehegatte die lebenserhaltenden Maßnahmen zulassen oder ablehnen. Voraussetzung ist, dass die Vorgehensweise dem verfügten oder mutmaßlichen Patientenwillen entspricht.
Können sich der Notarzt und der vertretende Ehegatte nicht einigen, muss nach dem Willen des Gesetzgebers das Betreuungsgericht angerufen werden. Da hierfür in einer akuten Notsituation keine Zeit bleibt, dürfen nur unbedingt notwendige Maßnahmen ergriffen werden.
Viele Ehepaare haben das Inkrafttreten des Notvertretungsrechts am 01.01.2023 begrüßt.
Damit gehen jedoch einige Missverständnisse und Irrtümer einher:
Gilt das Notvertretungsrecht auch für Kinder und Eltern?
Das Recht wird auch als „Ehegattennotvertretungsrecht“ bezeichnet. Aus dem Namen lässt sich bereits ableiten, dass die Befugnisse nur für Eheleute gelten. Einzige Ausnahme: Eingetragene Lebenspartner, da diese nach § 21 LPartG dieselben Befugnisse wie Ehegatten haben.
Das bedeutet: Die nicht eingetragenen Lebenspartner, Kinder, Eltern und andere nahestehende Personen können sich nicht auf die Regelungen des Notvertretungsrechts berufen. Diese Personen können jedoch im Rahmen einer Vorsorgevollmacht berechtigt werden, Entscheidungen zugunsten des Vollmachtgebers zu treffen.
Gilt das neue Vertretungsrecht auch bei bereits bestehenden Erkrankungen?
Das Notvertretungsrecht beschränkt sich auf Notfälle und eine maximal halbjährliche Dauer.
Um das Recht wirksam werden zu lassen, muss ein Arzt den Eintritt der Entscheidungsunfähigkeit des Patienten bestätigen.
Zudem hat der vertretende Ehegatte schriftlich zu versichern, dass ein Vertretungsrecht bisher nicht ausgeübt wurde.
Diese Bedingungen schließen die Wirksamkeit des Notvertretungsrechts für eine bereits länger andauernde Erkrankung des Patienten aus.
Ersetzt das Notvertretungsrecht stets die Zustimmung des Betreuungsgerichts?
Im Vordergrund sämtlicher Entscheidungen und Befugnisse steht das Wohl des zu vertretenden Patienten.
Daher fordert der Gesetzgeber trotz des Notvertretungsrechts in diesen Fällen die Zustimmung des Betreuungsgerichts:
Können Ehepartner jetzt auf die individuelle Vorsorge verzichten?
Das Notvertretungsrecht berechtigt nur zur Vertretung in Angelegenheiten der Gesundheitssorge. Um Vermögenssorge, Wohnangelegenheiten und andere Themen zu regeln, sind weiterhin Vorsorge- und Generalvollmachten bzw. Patienten- und Betreuungsverfügungen erforderlich.
Wie verlängert man die Sechsmonatsfrist?
Wenn nach sechs Monaten weiterhin eine Betreuung erforderlich ist, muss das Betreuungsgericht eingeschaltet werden. Die Behörde bestellt einen gesetzlichen Betreuer, der oft aus der Familie der zu vertretenden Person kommt. Eine Verlängerung des Notvertretungsrechts ist nicht vorgesehen.
Das gegenseitige Vertretungsrecht war längst überfällig, wird jedoch nicht immer für absolute Rechtssicherheit sorgen.
Es sollte Ihnen bewusst sein, dass der Umfang nicht mit dem einer Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung vergleichbar ist.
Sie können im Rahmen des Notvertretungsrechts weder vermögensrechtliche Fragen noch Wohnangelegenheiten klären.
Wenn Sie sichergehen wollen, dass Ihre Wünsche berücksichtigt werden, lassen Sie sich rund um Notvertretungsrecht, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung beraten. Unsere Fachanwälte für Familienrecht und Erbrecht informieren Sie, welche Vorsorgemaßnahmen sich für Sie eignen, und formulieren Ihre Vollmachten rechtssicher.
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