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Derzeit besteht eine große Rechtsunsicherheit, welche straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften bei Geschwindigkeitsverstößen Anwendung finden. Daher sollte jeder, dem aktuell oder in jüngster Vergangenheit eine Verkehrsordnungswidrigkeit wegen Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen wird, die Gunst der Stunde nutzen und prüfen, ob sich ihm durch die unklare Rechtslage die Chance bietet, das Bußgeldverfahren eventuell ohne Sanktionen zu beenden.
Bei dieser Prüfung sollte berücksichtigt werden, wann die Ordnungswidrigkeit begangen wurde (Tattag) und in welchem Stadium sich das Bußgeldverfahren befindet. Denn es sind insoweit folgende 2 Fallgruppen denkbar.
Hier ist streitig, ob die am 28.04.2020 in Kraft getretene STVO-Novelle 2020 jedenfalls, soweit sie Fahrverbote und gleichzeitig festgesetzte Geldbußen betrifft, deshalb unwirksam ist, weil sie das Zitiergebot des Grundgesetzes (Art. 80 Abs. 1 GG) verletzt. Denn in ihr wird nach einer beachtlichen Meinung — die wohl auch vom BMVI geteilt wird - die gemäß S 26a Abs.l Nr. 3 StVG erforderliche Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung eines Fahrverbots nach § 25 StVG nicht angegeben.
Sollte sich diese Meinung durchsetzen, hätte der Verstoß gegen das Zitiergebot des Grundgesetzes zur Folge, dass Fahrverbote nach dem neuen Bußgeldkatalog vom April 2020 nicht mehr verhängt werden können. Dasselbe gilt für die mit dem Fahrverbot nach dem neuen Bußgeldkatalog verbundene Geldbuße. Denn beide Maßnahmen stehen in engem Zusammenhang.
Sollte eine Bußgeldstelle eine andere Meinung vertreten und für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften ab dem 28.04.2020 - gestützt auf den neuen Bußgeldkatalog dennoch eine Geldbuße und ein Fahrverbot verhängen, drängt sich die Prüfung auf, ob gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt werden soll. Auch wenn eine Bußgeldstelle für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften ab dem 28.04.2020 von der Unwirksamkeit des neuen Bußgeldkatalogs ausgeht und weiterhin nach dem alten Bußgeldkatalog verfährt und eine Geldbuße und einen Punkt im Verkehrszentralregister verhängt, sollte ein derartiger Bescheid einer genauen Prüfung unterzogen werden. Dabei dürfte die Frage von Bedeutung sein, ob der alte Bußgeldkatalog mit dem Inkrafttreten der neuen STVO-Novelle 2020 außer Kraft gesetzt worden ist.
Diese betreffen Bußgeldverfahren, bei der die Geschwindigkeitsüberschreitung zu einem Zeitpunkt begangen wurde, als der alte Bußgeldkatalog noch galt, und - jedenfalls nach einer Ansicht - im Zeitpunkt der Ahndung dieses Verstoßes außer Kraft war und der neue Bußgeldkatalog nicht wirksam ist. Hier müsste der Frage nachgegangen werden, ob sich das Problem der so entstandenen Ahndungslücke durch eine analoge Anwendung des in § 4 Abs.3 OWiG geregelten Meistbegünstigungsprinzip lösen lässt.
Es wäre deshalb zu prüfen, ob ein nach altem Recht eingeleitetes Bußgeldverfahren weiter betrieben werden soll und ob gegen eine eventuelle Verurteilung unter Fristwahrung Rechtsbeschwerde eingelegt werden soll.
Unabhängig davon, in welcher der 2 Fallgruppen ein Betroffener eine Lösung seines Problems sieht, sollte er auf jeden Fall prüfen, ob sich der Aufwand, der mit dem Betreiben eines Bußgeldverfahrens verbunden ist, lohnt und dabei auch berücksichtigen, dass Kosten anfallen können. Im Übrigen ist es derzeit völlig offen, wie lange der Zustand der geschilderten Rechtsunsicherheit bestehen bleibt. Denn es geht nicht nur darum, bei einer Neugestaltung der StVO den formalen Fehler zu beseitigen, indem dem Zitiergebot Rechnung getragen wird.
Der BMVI will diese Novellierung zum Anlass nehmen, das Geschwindigkeitsfahrverbot zurückzunehmen, so dass nur noch ein höheres Bußgeld anzuordnen wäre. Ob und wann sich die Bundesländer in diesem Punkt einigen, ist unklar. Man darf gespannt sein, wie die Bußgeldstellen und die Gerichte sich in der Zwischenzeit bei den aus Sicht des BMVI unverhältnismäßigen Verschärfungen der StVO-Novelle positionieren.
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