Geburtsfehler – Vorgehen, Beweislast, Verjährung

Wenn bei der lang ersehnten Geburt unerwartete Komplikationen auftreten und das Kind mit einem Geburtsfehler auf die Welt kommt, ist der Schock groß. Für die Eltern ist die Situation extrem schwierig, denn gesundheitliche Schädigungen können Eltern und Kind ein Leben lang begleiten. Häufig sind dauerhafte Pflege und Betreuung sowie häusliche Umbauarbeiten erforderlich. Wir erklären Ihnen, welche Entschädigungsansprüche Sie haben und wie Sie vorgehen sollten.

Was versteht man unter einem Geburtsfehler?

Als „Geburtsfehler“ bezeichnet man die vor Geburt angelegte oder entstandene Fehlgestaltung eines Organs. Eine solche Anomalie kann genetisch bedingt oder durch Infektionen, Umweltfaktoren und andere Gründe verursacht sein. Darüber hinaus kommen Fehlentscheidungen oder das Fehlverhalten von Ärzten, Hebammen und Klinikpersonal als Ursache infrage. Es sollte außerdem geprüft werden, ob Fehler innerhalb der Organisation des Krankenhauses ursächlich für den Geburtsschaden sind.

Anwalt Medizinrecht Göppingen – Dory & Marx

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Die häufigsten Ursachen von Geburtsfehlern

Wie lässt sich ein Geburtsfehler beweisen?

Um Schmerzensgeld und Schadenersatz geltend zu machen, müssen Sie belegen, dass es einen Behandlungsfehler gab und dieser ursächlich für den Gesundheitsschaden ist. Dabei liegt die Beweislast für einen einfachen Behandlungsfehler beim Patienten bzw. bei den gesetzlichen Vertretern. Das gilt auch für Aufklärungs-, Befunderhebungs- oder Dokumentationsfehler. Hat der Arzt zum Beispiel einen Eingriff ohne Aufklärung und Zustimmung des Patienten vorgenommen, gilt auch dies als Behandlungsfehler.

Für den Nachweis sind Untersuchungsberichte, Ultraschallbefunde, Geburtsprotokoll, CTG-Aufzeichnungen, Medikationsbögen, Mutterpass, Arztbriefe und ggf. ein medizinisches Gutachten erforderlich.

Tipp:
Die meisten Unterlagen sollten sich in der Patientenakte befinden, auf deren Einsicht und (elektronische) Abschrift ein Patient jederzeit Anspruch hat (§ 630 g BGB ).

Einfacher oder grober Behandlungsfehler?

Eine ärztliche Behandlung hat den geltenden medizinischen Standards und Sorgfaltspflichten zu entsprechen. Ein einfacher Behandlungsfehler liegt vor, wenn die Behandlung nicht entsprechend durchgeführt oder vollständig unterlassen wurde.

Hat ein Arzt einen Fehler begangen, „der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf“, liegt ein grober Behandlungsfehler vor (Urteil des BGH vom 9. Januar 2007 – Az.: VI ZR 59/06). In diesem Fall kehrt sich die Beweislast um. Ärzte oder Klinik müssen darlegen, dass der Geburtsfehler auch bei ordnungsgemäßer Behandlung aufgetreten wäre bzw. die Behandlung nicht ursächlich dafür ist.

Besteht nach einem Geburtsfehler Anspruch auf Entschädigung?

Als Entschädigung für einen nachgewiesenen Geburtsfehler sieht der Gesetzgeber Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadenersatz vor:

  • Anspruch auf Schmerzensgeld haben Geschädigte, wenn ein Behandlungsfehler ursächlich für den gesundheitlichen Schaden ist.
  • Maßgeblich für die Höhe des Anspruchs sind die Dauer der Erkrankung, notwendige Reha-Maßnahmen, Intensität und Dauer möglicher Schmerzen etc.
  • Der Schadenersatz soll die finanziellen Belastungen durch den Geburtsfehler mindern. Notwendige Umbauarbeiten, Verdienstausfall, Erwerbsschaden, Heilbehandlungs- und Pflegekosten etc. werden zumindest teilweise durch den Schadenersatz kompensiert.
Wichtig:
Um Entschädigungszahlungen geltend machen zu können, müssen Sie die Verjährungsfrist beachten.

Die 3 wichtigsten Schritte nach einem Geburtsfehler

  • Ruhe bewahren
    Haben Kind oder/und Mutter Geburtsschäden erlitten, gilt es, Ruhe zu bewahren. Sprechen Sie mit Freunden und Verwandten, die Ihnen emotional beistehen können.

  • Anwaltliche Unterstützung suchen
    Ein Geburtsfehler bringt die Betroffenen oft an die Grenze der finanziellen Belastbarkeit. Umso wichtiger ist es, ohne Zeitverlust anwaltlichen Rat zu suchen. Unsere Experten für Medizinrecht beraten Sie umfassend und geben Ihnen Rückhalt.

  • Übereilte Verhandlungen vermeiden
    Sie möchten die Beteiligten am liebsten sofort mit Ihren Forderungen konfrontieren? Vermeiden Sie nachteilige Schnellschüsse. Falls die Klinik oder deren Versicherung mit einem Abfindungsangebot auf Sie zukommt, besprechen Sie das Vorgehen in aller Ruhe mit Ihrem Fachanwalt bzw. Ihrer Fachanwältin.

Wann verjähren die Ansprüche?

Sofern der Geschädigte über den Anspruch informiert ist bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit informiert sein müsste, verjähren Ansprüche aufgrund eines Geburtsfehlers nach drei Jahren (§ 195 BGB ). Die Verjährungsfrist setzt am Ende des Jahres ein, in dem der Schaden entstanden ist. Erlangen Geschädigte erst später Kenntnis über ihre Ansprüche, verschiebt sich der Beginn der Verjährungsfrist entsprechend. Ist die Verjährungsfrist abgelaufen, können keine Forderungen mehr geltend gemacht werden.

Welche Entschädigungszahlungen können Betroffene für Geburtsfehler erwarten?

Liegen Geburtsfehler oder Geburtsschäden bei einem Baby und/oder dessen Mutter vor, hängt die Höhe der Entschädigung vom Einzelfall ab. Grundsätzlich können die gesetzlichen Vertreter des Kindes (§ 1629 BGB ) Schmerzensgeld und Schadenersatz geltend machen. Betroffene sollen nicht schlechter gestellt sein als vor dem Geburtsschaden. Dazu müssen die gesundheitlichen Schäden und die daraus resultierenden Konsequenzen individuell bewertet werden.

Wie machen Geschädigte ihre Ansprüche geltend?

Ansprüche können Sie außergerichtlich oder gerichtlich durchsetzen. Erteilen Sie einer Rechtskanzlei das Mandat, macht diese Ihre Ansprüche zuerst bei der Haftpflichtversicherung des behandelnden Arztes oder der Klinik geltend. Kommt es außergerichtlich zu keiner Einigung, bleibt die Klage beim zuständigen Gericht. Das Verfahren setzt einen Gerichtskostenvorschuss seitens der Kläger voraus. Erst danach wird den Beklagten die Klageschrift zugestellt.

Lassen Sie sich bei Geburtsfehlern juristisch unterstützen

Zur emotionalen Belastung nach einem Geburtsfehler kommt die finanzielle Belastung eines Gerichtsverfahrens. Je höher der Streitwert, desto höher der Gerichtskostenvorschuss. Zudem sollten Geschädigte die oft mehrjährige Dauer eines Prozesses nicht außer Acht lassen.

Die Rechtskanzlei Dory & Marx priorisiert außergerichtliche Einigungen. Sollten diese nicht zustande kommen, engagieren wir uns selbstverständlich vor Gericht für Sie. Unsere Spezialisten im Medizinrecht und in weiteren Fachgebieten suchen dabei stets Lösungen, mit denen Sie die wirtschaftlichen Folgen eines Geburtsfehlers erfolgreich abfedern können.

Haben Sie hierzu Fragen, wenden Sie sich vertrauensvoll an unsere Kanzlei für Medizinrecht.